Seetaler Beats an kroatischem Strand

Motoren reparieren am Tag – Musik auflegen in der Nacht: Der 19-jährige Luca Jung alias «HYMERO» aus Hochdorf verfolgt neben seiner Lehre zum Lastwagenmechaniker eine Karriere als DJ und Musikproduzent. Ende Juli legte er zum ersten Mal im Ausland auf – darunter in einem der renommiertesten Clubs der Welt in Kroatien.

Der 19-jährige Luca Jung baut sich eine Karriere als DJ und Musikproduzent auf. Foto: Milena Stadelmann

«Damit ist für mich ein Traum wahr geworden», sagt Luca Jung. Der 19-Jährige kann nicht aufhören zu lächeln, wenn er von seiner Reise auf die kroatische Insel Pag erzählt. Ende Juli legte er dort unter seinem Künstlernamen «HYMERO» auf verschiedenen Partys am Zrce Beach in Novalja auf. Der Strand ist bei Partyurlauberinnen und -urlaubern beliebt – ähnlich wie die Playa de Palma auf Mallorca oder der Goldstrand in Bulgarien. Gekrönt wurde seine Reise mit einem Auftritt auf der Tagesbühne des Noa Beach Clubs, der gemäss einem angesehenen Fachmagazin der DJ-Szene, zu den Top 30 der besten Clubs der Welt gehört. «Dort aufzulegen, ist der Traum von vielen DJ’s.» Dass dieser für ihn nun in Erfüllung gegangen ist, kann Jung noch gar nicht richtig fassen. «Es war ein komisches Gefühl, vor so einer grossen Menschenmenge zu stehen.» Es war sein bisher grösster Auftritt überhaupt – vor etwa 1000 Menschen. Da habe er vor dem Auftritt auf der Bühne «schon etwas gezittert».

Die Auftritte in Kroatien kamen durch die Zusammenarbeit mit einer Partyagentur zustande, die am Zrce ­Beach eine Schweizer Party-Woche veranstaltete. Sie lud Jung auf die Reise ein. Der DJ sagte sofort zu: «Als ich erfahren habe, dass ich in Novalja auflegen darf, war ich einen Moment sprachlos.» Die Auftritte organisierte ihm die Agentur vor Ort. Insgesamt trat der 19-Jährige an neun Orten auf – neben dem Noa ­Beach Club zwei Mal auf einem Partyboot und in dem ebenfalls bekannten Cocomo Club. Durch den Tag und zwischen den Auftritten konnte er selber die Ferien geniessen, feiern und sich andere DJ’s anhören. «Es war eine geile Erfahrung.»

Luca Jung alias «HYMERO» legte Ende Juli im Noa Beach Club in der kroatischen Stadt Novalja auf. Foto: Luana Bonetti

Musik als «Beruhigungsmittel»

Die Auftritte in Kroatien seien trotz Nervosität stets geglückt, sagt Jung. Darauf ist er stolz. Er habe bereits vor Ort viele positive Rückmeldungen erhalten. In der Schweiz ging es damit weiter: «Ich bekomme etliche Nachrichten und meine Follower auf Instagram steigen extrem.» Die ersten Auftritte im Ausland haben seine Bekanntheit angekurbelt. Bisher trat Jung ausschliesslich in der Schweiz auf, in Clubs in verschiedenen Schweizer Städten, am Glücklich Festival in Luzern oder am «Züri Fäst». Seit seinem Auftritt am Luzerner Fest im Jahr 2017, trägt er den Namen «HYMERO». Eine besondere Bedeutung habe dieser nicht. Er wurde ihm von einem DJ-Kollegen in einer WhatsApp-Gruppe vorgeschlagen. Der Klang gefiel ihm, sein alter Künstlername «Luxero» gehörte der Vergangenheit an.

 

Die Karriere von Jung begann bereits in der Primarschule. Der Hochdorfer hatte damals Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und war oft hyper­aktiv. Dank einem Schulpsychologen fand er sein, wie er sagt, «Beruhigungsmittel»: die Musik. Das gilt bis heute: «Ich kann einfach nicht ohne Musik. Ich höre immer Musik, egal wo ich bin.» Seine Mutter Beatrice Maurer meldete ihn damals bei einem Kurs an der DJ Schule Soulfoundation in Luzern an. Diese hat verschiedene Kurse im Angebot, in denen Interessierte unter anderem lernen, wie ein Mischpult bedient, Melodien aufgebaut und Lieder so abgemischt werden, damit sie auf der Bühne und im Radio gut klingen. An der DJ Schule wuchs Jungs Interesse an der Musikrichtung EDM (Abkürzung für: Elektronische Tanzmusik), er begann seine eigenen Songs zu produzieren. Was ihn an dem Stil fasziniert? «Er ist sehr umfangreich. Es hat viele schöne und ruhige Elemente aber auch schnelle und harte.» Soulfoundation vermittelte ihm 2016 seine ersten Auftritte. So sammelte er seine ersten Bühnenerfahrungen, legte in kleinen Bars auf oder vor einem Hauptact, wenn erst wenige Leute zuhörten. «Beim Glücklich Festival waren meine Tante und meine Mutter die einzigen Zuschauerinnen», erzählt der DJ. Schlimm fand er das nicht. «So fängt man eben an.» Er ist dankbar für die Unterstützung seiner Familie. Diese musste ihn zu Beginn stets zu seinen Auftritten begleiten. «Die Leute haben manchmal schon komisch geschaut, wenn ein 13-Jähriger in einer Bar auf der Bühne stand.» Mit der Zeit wurden die Auftritte grösser, das Publikum wuchs. Heute begleitet ihn sein Kollege Luca von Burg zu fast allen Auftritten. «Er nimmt mir damit eine grosse Last von den Schultern.» Während sich Jung zum Beginn seiner Karriere seine Aufträge fast ausschliesslich selber einholen musste, treffen mit der steigenden Bekanntheit immer mehr Anfragen ein.

«Das macht mir einfach Spass»

Nicht nur als DJ macht sich «HYMERO» immer mehr einen Namen – sondern auch als Musikproduzent. Das Lied «No Sign», das er mit zwei Schweizer Künstlern produzierte, wurde auf dem Audio-Streaming-Dienst Spotify mittlerweile über 100 000-mal gehört. Neben Kooperationen mit anderen Künstlern produziert er viele seiner Lieder selbst. «Das Wissen, was in einem Lied drin ist, was darin vorgeht, was gemacht wurde, die einzelnen Bestandteile hinauszuhören, fasziniert mich – das macht mir einfach Spass.» Besonders stolz ist er auf das Lied «Bonfire» – obwohl es bisher am wenigsten Aufrufe auf Spotify hat. «An dem Song habe ich bisher am längsten gearbeitet und er gefällt mir sehr gut.» Die Melodien seiner Lieder baut Jung in einer Produktionssoftware aus verschiedenen Musikelementen zusammen, bearbeitet diese oder spielt selber Klänge mit dem Klavier ein. In seinem Kinderzimmer hat er sich ein kleines Studio eingerichtet: Boxen, Computer, Bildschirm, Klaviertastatur. Und das Mischpult? «Ein kleines steht im Keller.» Vor einem Auftritt müsse er in seiner DJ Schule üben, wo er mittlerweile Musikproduktion unterrichtet. «Dort sind sie professionell ausgestattet.» Mit dem Mischpult werden passende Übergänge von verschiedenen Songs ineinander gemischt sowie verschiedene Höhen und Effekte eingestellt. «Das ist manchmal gar nicht so einfach, wenn man vor vielen Leuten steht.»

Der 19-Jährige arbeitet fast jeden Abend ein bis zwei Stunden an neuen Songs. «Manchmal probiere ich einfach verschiedene Sachen aus, manchmal habe ich bereits eine Melodie in meinem Kopf.» Wenn er eine Idee hat, summt er diese immer wieder vor sich hin. Wenn er unterwegs ist, nimmt er sie auf. Inspirieren lässt er sich von anderen Künstlern und Musikstilen. «Meine eigene Musik höre ich eigentlich fast gar nicht.» Andere DJ’s hingegen schon. Einer seiner Lieblingskünstler ist «Martin Garrix», besonders geprägt hat ihn der verstorbene Tim Bergling alias «Avicii» –
insbesondere das Lied «The Nights» mit der Textzeile: «One day, you’ll leave this world behind. So live a life you will remember.» Auf Deutsch: Eines Tages wirst du diese Welt hinter dir lassen. Also lebe ein Leben, an das du dich erinnern wirst. «Seit seinem Tod haben die Zeilen für mich eine umso grössere Bedeutung. Man sollte sein Leben auskosten und seine Träume verfolgen – denn es gibt nie eine Garantie.»

Luca Jung alias «HYMERO» bei einem seiner Auftritte. Foto: zvg

Ein «guter Ausgleich»

Während Jung seine Karriere als DJ und Musikproduzent verfolgt, befindet er sich im zweiten Lehrjahr zum Lastwagenmechaniker bei der LKW-Garage Lang in Urswil. Eine EBA-Lehre auf dem Beruf hat er bereits abgeschlossen. «Es ist schon streng. Aber mir gefällt es, etwas Handwerkliches zu machen. Das ist ein guter Ausgleich.» Zwar möchte er nach dem Militär versuchen, die Musik zu seinem Hauptberuf zu machen –
eine gute Grundausbildung ist ihm trotzdem wichtig. «In der Schweiz als DJ durchzustarten ist nicht einfach.» EDM werde kaum im Radio gespielt, ausser es gehe Richtung Pop-Musik. Die Gagen seien je nach Festival oder Clubgrösse unterschiedlich. Zudem gebe es keine Garantie, jeden Monat einen Auftritt zu bekommen.

Ein Beispiel, dass es klappen kann, ist der 22-jährige Österreicher «Toby Romeo», der zurzeit als DJ und Musikproduzent durchstartet. Für Jung ein grosses Vorbild. «Mit ihm zusammen etwas zu produzieren wäre ein Traum.» Vor Kurzem trat der Künstler am Electric Love Musikfestival in Salzburg auf. Dort möchte auch Jung eines Tages auf der Bühne stehen, genauso am Tomorrowland in Belgien. Sein nächstes Ziel sei nun zuerst aber die Streetparade in Zürich. Sollte Jung sein Ziel einer professionellen Karriere nicht erreichen, würde er nebenbei auf seinem Beruf weiterarbeiten. «Das wäre auch kein Problem. Ich lasse mir Zeit und nehme, wie es kommt.»