Sportliches Dilemma

Morgen ist es so weit. Mit einem grossen Tamtam starten die Olympischen Winterspiele 2022 mit der offiziellen Eröffnungsfeier. Dann blickt die ganze Welt nach China, wo während zwei Wochen die besten Athletinnen und Athleten aus aller Welt um die Goldmedaille kämpfen. Eigentlich bin ich kein grosser Sport-Fan. Geschweige denn, muss ich jedes Hockeyspiel oder Skirennen am Fernsehen mitverfolgen. Doch bei solchen Grossveranstaltungen wie den Olympischen Spielen bin ich dabei – sowohl im Sommer als auch im Winter.

Mir gefällt der Gedanke, dass der Sport Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringt. Es berührt mich, wenn eine Sportlerin oder ein Sportler mit Tränen in den Augen auf dem Podest steht und zur Nationalhymne die Goldmedaille in die Höhe hält. Schliesslich sind die Olympischen Spiele für viele der Höhepunkt ihrer Karriere. Das Ereignis, auf das sie ihr Leben lang hingearbeitet haben. Auch diese Spiele werden wieder jede Menge Emotionen auslösen. Nicht nur bei den Athletinnen und Athleten, sondern auch bei den Zuschauerinnen und Zuschauern.

Bei mir löst das Event auf jeden Fall schon Emotionen aus, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Denn das Sportvergnügen vor dem Fernsehen hat in diesem Jahr einen fahlen Beigeschmack. Die Kritik an den Olympischen Spielen ist gross: Eine Tradition von Wintersport sucht man in China vergebens, in dem Land werden systematisch Menschenrechte verletzt und die pandemische Lage ist unsicher. Zahlreiche Regierungen boykottieren den Anlass und schicken keine Vertreterinnen und Vertreter in die Austragungsdestination. Darf ich bei all diesen Faktoren einfach wegsehen, vor dem Fernseher sitzen und mich über die Erfolge der Athletinnen und Athleten freuen?

Die Frage behalte ich im Hinterkopf. Denn so schnell ist das sportliche Dilemma nicht begraben. Ende des Jahres steht mit der Fussball-WM in Katar das nächste umstrittene Sportereignis an, zu dessen Boykott aufgerufen wird. Die Chips und das Bier schmecken schon jetzt nach schlechtem Gewissen.